Tony und Jonny Herrmann vom
Sportakrobatikverein Grünhain-
Schwarzenberg gehen den nächsten
Karriereschritt. Der Bundestrainer hat die
Brüder jetzt in den Nationalkader berufen.
Nicht nur der Ehrgeiz eint die Geschwister in
ihrem Sport.
Von Anna Neef
Schwarzenberg - Fußball hat seinen Reiz irgendwann
verloren, obwohl Tony und Jonny Herrmann einige
Jahre lang sogar in der Nachwuchs-Kumpelschmiede
des FC Erzgebirge Aue dem runden Leder
nachjagten. Es zog sie in die Halle zu ihrer großen
Schwester Mary. „Und dass wir die einzigen Jungs
sind, ist uns mittlerweile egal“, sagt Jonny. Er ist mit
zwölf Jahren der ältere der beiden Brüder und
stemmt den zwei Jahre jüngeren Tony gefühlt
mühelos in die Luft. Völlig zurecht, sagt Vorsitzende
und Trainerin Nicole Reichel, seien deswegen alle im
Sportakrobatikverein Grünhain-Schwarzenberg
mächtig stolz auf die beiden. Jetzt sogar noch mehr:
Denn die Herrmann-Brüder wurden vom
Bundestrainer in die Nationalmannschaft berufen.
Das bedeutet für das Duo vor allem mehr Stress.
Denn gesetzt werden sie fortan in mehreren
Altersklassen. Bei den Schülern wird eine Übung,
bestehend aus Balance- und Tempoelementen,
gefordert. Das beherrschen die Geschwister bestens.
Neu dazu kommen nun die Jugendklasse mit
separaten Übungen in Balance und Tempo sowie die
Juniorenkategorie mit Balance, Tempo und einem
Mix aus beidem. „Das ist sehr anspruchsvoll“, weiß
nicht nur Reichel. Auch die beiden Sportakrobaten
blicken den neuen Herausforderungen gespannt
entgegen. Derzeit ist noch offen, ob sie gemeinsam
auch an die Sportschule nach Dresden wechseln.
Insbesondere für den Jüngeren der beiden wäre das
ein großer Schritt. Für den älteren Bruder – allein
aufgrund der Verantwortung für den kleineren –
aber sicher auch. Bisher gab es einen
Schnupperbesuch und ein paar Probetage. Die
Entscheidung steht noch aus.
Die Nominierung für den Nationalkader war
absehbar. „Der Bundestrainer hat beide schon
länger im Blick“, sagt Reichel. Zumal es in der
Sportakrobatik ohnehin wenig männliche
Besetzungen gibt. Als Ausnahmetalent darf Tony
gelten. Seit zweieinhalb Jahren entwickeln sich laut
Reichel beide Brüder zu einem tollen Duo. „Sie sind
unheimlich willensstark, ehrgeizig und zielstrebig.“
Das komme nur alle Jubeljahre mal vor, solche
Talente zu entdecken und in den eigenen Reihen zu
haben. „Deshalb sind wir sehr stolz.“ Auf die
Lehrgänge mit dem Bundestrainer freuen sich beide
sehr. „Das bringt uns sicher weiter.“ So sind die
Anforderungen in den männlichen und weiblichen
Übungen doch sehr unterschiedlich. Bei den Jungs
sind zum Beispiel mehr kopflastige Elemente mit
Handständen gefordert. Auch Tempo und
Fangtechniken unterscheiden sich. „Deshalb ist eine
optimale Anleitung sehr wichtig“, so Reichel.
Trotz der Berufung würden die beiden Auer weiter
für den SAV Grünhain-Schwarzenberg starten. In
Kürze steht der Sachsenpokal in Riesa bevor. Danach
geht es Anfang April mit der Landesmeisterschaft
und der deutschen Meisterschaft weiter. Dass die
Jungs nun gleich in drei Kategorien antreten sollen,
entspreche ihrem Leistungsvermögen. „So hat es der
Bundestrainer eingeschätzt.“ Ein weiterer Vorteil mit
Blick darauf: Die beiden Brüder haben laut Reichel
eine unfassbar gute Auffassungsgabe. „Man erklärt
ihnen eine Figur oder Technik einmal. Und sie haben
es sofort intus.“
Wenn Jonny seinen Bruder Tony in die Höhe stemmt,
sind das 30 Kilogramm. Das gelingt dem
Zwölfjährigen mühelos, weil er athletisch super drauf
ist. Mit SAV-Trainerin Helen Ebert wird an den
Übungen viermal pro Woche in der Halle gefeilt,
dazu kommen das schulische Pensum am
Gymnasium in Aue und zusätzliche Übungseinheit
zuhause. Gibt es auch mal Zoff unter den
Geschwistern? Da schmunzeln beide. „Selten und nie
doll oder lange“, sagt Jonny dann. Zur Not kann im
Training Schwester Mary (16) schlichten. „Aber nötig
ist das eigentlich nie“, bestätigt Trainerin Reichel.
Die Mischung aus Kraftakt und sauberer Ausführung
von filigranen Figuren mache in diesem Sport den
besonderen Reiz aus, sagen die Brüder. Tony fliegt es
zu, Jonny arbeitet hart dafür – aber gemeinsam
teilen sie ein Ziel: Mittelfristig wollen sie in der
Starterliste der Europameisterschaft stehen. (ane)
„Man erklärt ihnen eine Figur oder Technik einmal.
Und sie haben es sofort intus.“
Nicole Reichel Trainerin
Landesleistungs-&
Talentestützpunkt
Brüder tauschen Fußballrasen gegen
die Akrobatikmatte
vom 12. Februar 2025